Anmerkungen zu den »neuen« Motettenprogrammen
- Schon zum »Kopf« des Motettenprogrammes gibt es etliches zu sagen. Zunächst ist er mit 1/4 der Seite recht hoch, zumal über dem Wort »Motette« reichlich 2/3 des Kopfes bzw. fast 1/5 der Gesamtseitenhöhe leer bleibt. Angesichts der Tatsache, daß der Platz im Programm oft recht knapp ist, scheint mir das eine rechte Verschwendung zu sein.
- Das neue Wappen der Thomaskirche auf der rechten Seite beinhaltet einen Schriftzug auf zwei Textzeilen. Dadurch sind einige Bezugslinien festgelegt, die Überschrift auf der linken Seite scheint aber völlig zufällig angeordnet zu sein ohne jeden Bezug zum Wappen:
Ich empfehle, das Wort »Motette« entweder auf die Grundlinie von »Thomas« oder zumindest von »Kirche« zu setzen. Damit würde sich auch der seltsame Freiraum darüber etwas verkleinern.
- »Motette und Kantate« war als »Markenname« noch relativ neu (nämlich erst ungefähr 15 Jahre alt), die Bezeichnung »Motette in der Thomaskirche« hingegen war seit mehr als einem halben Jahrhundert gut eingeführt. Seit wann sie genau existierte, weiß ich nicht; das älteste Motettenprogramm aus meiner Sammlung jedenfalls zeigt bereits diesen Begriff:
Weil es nicht »Thomas-Motette« heißt, hat man bei der Logo-Serienfertigung offenbar die Motette vergessen - im Gegensatz zum »Thomas-Konzert«, welches viel seltener erklingt, jedoch ein eigenes Wappen verpaßt bekam.
Weil sich im Gebrauch aber »Motette in der Thomaskirche« kaum von der »Motette« in der Thomaskirche unterscheidet, wird die alte Marke auch mit den neuen Programmen noch lange in Kopf und Gebrauch bleiben.
- Als Schriftart für die unterschiedlichen neuen Wappen hat die Firma WSB eine RotisSansSerif eingeführt. Dieselbe Schrift nutzte sie auch beim Satz des »Thomas-Briefes« als Auszeichnungsschrift. Wie folgende Gegenüberstellung zeigt, ist es ziemlich unmöglich diese Schrift mit der Helvetica zu koppeln, in der neuerdings die Motettenprogramme gesetzt werden:
Besonders bei der Überschrift »Motette« fällt auf, daß man entweder auf die gleiche Schriftfamilie wie im Wappen zurükgreifen muß oder auf eine völlig andere Schrift. Dasselbe gilt übrigens dann für die Schriftgrößen: entweder »Motette« wird genauso groß wie »Thomas« oder deutlich größer, keinesfalls jedoch kleiner.
- Daß gut geschnittene Antiquaschriften sich besser und schneller lesen lassen als Groteskschriften, ist allgemein bekannt. Deshalb werden groteske Schriften hauptsächlich dort eingesetzt, wo nicht schnell oder gar nicht gelesen werden soll: groß und plakativ in der Werbung oder als »Auszeichnungsschrift«, winzig im »Kleingedruckten«. Als Brotschrift hingegen werden heute fast ausschließlich Antiquaschriften verwendet.
Das weiß übrigens auch die Firma WSB, beim Satz des »Thomas-Briefes« verwendete sie für Fließtexte statt der RotisSansSerif eine Times.
- Mit den Schriftgrößen im vorliegenden Programm vom 16./17.2.2007 komme ich noch nicht ganz zurecht. Die größte Reihe bilden Komponistennamen, durchmischt mit gliedernden Überschriften wie »Ansprache«, »Gemeindelied« und auch mal einem Stücktitel »Nunc dimittis«. Die nächstkleinere Kategorie umfaßt die meisten Titel, den Pfarrer, den Untertitel und die Herkunftsbezeichnung des »Nunc dimittis«. Auch alle Texte, welche die Gemeinde mitsingen oder sprechen soll, sind in dieser Größe gesetzt. Alle übrigen Texte sind noch kleiner. Allerdings ist die größenmäßige Unterscheidung von Chor- und Gemeindetexten nicht sinnvoll durchzuhalten. Im Wechselgesang des Gemeindeliedes müßten sich dann die Chorstrophen entsprechend von den anderen unterscheiden. Und unter den Noten von Ingressus und Gemeindelied sind die Texte entgegen der Intention sogar besonders klein geraten.
Bei der Wahl einer geeigneten Schriftart kann man auch alle Texte groß und lesbar abdrucken. Wahrscheinlich beschädigen die unterschiedlich großen Schriften mehr das Gesamtbild als sie zum Mitsingen und Mitsprechen der Gemeinde beitragen.
Hier eine kleine Demonstration, wie ich mir ein Motettenprogramm vorstellen würde, welches einerseits zum »corporate design« der Thomaskirche paßt, andererseits den seit Jahren von mir erarbeiteten Standards und satztechnischen Qualitätsanforderungen entspricht.
Freilich wäre es schöner gewesen, hätte man dies bereits im vergangenen Dezember besprechen können, bevor »das Kind in den Brunnen gefallen« ist.
Martin Krämer
Leipzig, 18.2.2007